Der in Loma Linda, Kalifornien, tagende rund 100 Personen umfassende Exekutiv-Ausschuss der Generalkonferenz (Weltkirchenleitung) der Siebenten-Tags-Adventisten hat am 12. April eine Erklärung über die Bedeutung der Zehn Gebote für die Gesellschaft beschlossen. Darin heisst es: "Die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten begrüsst das Interesse an den Zehn Geboten im öffentlichen Leben. Sie enthalten universelle und unveränderliche, moralische Grundsätze und beschreiben unsere Beziehung zu Gott und unseren Mitmenschen." Die Zehn Gebote dienten als "moralischer Kompass" in einer Zeit des Relativismus. Sie hätten für Adventisten einen hohen Stellenwert. "Darum rufen sie Männer und Frauen in allen Gesellschaftskreisen auf, in Einklang mit den Grundsätzen der Gebote zu leben und sie zur Grundlage für ein Leben im Dienst der Liebe an anderen Menschen zu machen. Zugleich bestehe die Notwendigkeit, Toleranz walten zu lassen, christliche Demut zu üben und die Rechte anderer zu respektieren." Das geschehe, wenn die in den Geboten enthaltenen Grundsätze gelebt würden.
Hintergrund der Erklärung ist das wachsende Interesse in den Vereinigten Staaten aber auch in anderen Ländern an den Zehn Geboten. Für Schlagzeilen sorgte der Vorsitzende des Obersten Gerichts im US-Bundesstaat Alabama, Roy Moore, weil er nach seiner Ernennung im August 2001 ein Monument mit den Zehn Geboten in der Eingangshalle des Gerichtsgebäudes in Montgomery aufstellen liess. Er wurde im November 2003 entlassen, da er sich hartnäckig weigerte, einer Gerichtsanordnung zu folgen und den zweieinhalb Tonnen schweren Gedenkstein, der gegen das in der US-Verfassung verankerte Prinzip der Trennung von Kirche und Staat verstosse, wieder zu entfernen. Eine private Gruppe mit dem Namen "Zehn-Gebote-Kommission" versucht ebenfalls das öffentliche Interesse an den Geboten in den USA zu wecken. Am 7. Mai soll dort erstmals der "Tag der Zehn Gebote" gefeiert werden.
Im ersten Teil der Zehn Gebote gehe es um die Beziehung des Menschen zu Gott. Die damit verbundenen Themen sollten Regierungen nicht gesetzlich regeln, heisst es in der Erklärung der adventistischen Weltkirchenleitung. Die anderen Gebote befassten sich mit den Beziehungen der Menschen untereinander. Hier gebe es nach Auffassung der Adventisten durchaus Themen für legislatives Handeln.
In der Erklärung werden zwar die "fundamentalen Grundsätze der Religionsfreiheit und die Trennung von Kirche und Staat" betont, aber sie enthält auch den Hinweis, dass Regierungen berechtigt seien, Verhaltensweisen gesetzlich zu regeln, die in Übereinstimmung mit den Prinzipien der Zehn Gebote in zivilen Gesellschaften üblich seien. In der Erklärung heisst es: " Christen sind verpflichtet, sich an diese Gesetze zu halten, sofern sie mit Gottes Geboten in Einklang sind, und aktiv die Bemühungen zu unterstützen, diese Gesetze zu verbessern."
Der Vorsitzende der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland, Pastor Klaus van Treeck (Hannover), begrüsste die Verabschiedung der Erklärung über die Bedeutung der Zehn Gebote in der Gesellschaft. Das von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) mit den beiden grossen christlichen Kirchen gestartete "Bündnis für Erziehung" mache deutlich, dass es auch in der Bundesrepublik wieder eine Wertedebatte gebe. Wenn Kardinal Georg Sterzinsky (Berlin) und Bischöfin Margot Kässmann (Hannover) betonten, die Zehn Gebote stellten nach wie vor eine Grundlage für die Werteerziehung dar und gäben auch Antworten auf Vorkommnisse wie die Gewalt an der Berliner Rütlischule, so sei dies ebenfalls seine Meinung. Auch das Grundgesetz baue auf den Zehn Geboten auf. "Werte und Orientierung kann man allerdings nicht verordnen", betonte van Treeck, "man muss sie vermitteln und vorleben."