Religionsvertreter müssen nach Ansicht des deutschen Menschenrechtsexperten Heiner Bielefeldt die Kritik von Medien aushalten. "Ohne Meinungsfreiheit gibt es auch keine Religionsfreiheit", sagte er gemäss epd Ende September auf einer Tagung in Nürnberg, die sich mit der Thematik "Medien-Macht und Religionen" befasste.
Religiöse Empfindlichkeiten dürften daher kein Grund für Einschränkungen der Medienfreiheit sein. Religionen hätten gegenüber Journalisten kein Anrecht auf besondere Schonung, wohl aber auf Fairness, betonte Bielefeldt. Er warnte davor, sensible Themen wie Zwangsverheiratung, Burka, Ehrenmord oder sexuellen Missbrauch zu tabuisieren.
Der 1958 geborene deutsche Theologe, Philosoph und Historiker ist Inhaber des Lehrstuhls für Menschenrechte und Menschenrechtspolitik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und leitet das Deutsche Institut für Menschenrechte. Seit Juni 2010 ist Bielefeldt Sonderberichterstatter für Religions- und Glaubensfreiheit des UN-Menschenrechtsrates, mit Sitz in Genf. Das Amt übt der Menschenrechtsexperte ehrenamtlich aus.
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) umfasse die Meinungsfreiheit auch Äusserungen, "die den Staat und einen Teil der Bevölkerung beleidigen, schockieren oder verstören", erklärte Bielefeldt. Seine Grenze finde dies nur bei Aufrufen zu Hass und Gewalt. Muslimische Tagungsteilnehmer forderten die Journalisten auf, bei der Islam-Berichterstattung den Rat und die Erfahrung der islamischen Verbände in Anspruch zu nehmen. Journalisten seien lange Zeit mit vorgefassten Meinungen an die Arbeit gegangen, beklagte der Dialogbeauftragte der türkisch-islamischen Religionsvereinigung DITIB (Köln), Bekir Alboga. Erst die Islamkonferenz habe "eine Welle junger Journalisten geschaffen, die von uns ernsthaft etwas wissen wollen".